1912
Datum | Ereignis |
Quelle |
6. Januar | „Zossen. In überfüllter Versammlung sprach am Sonnabend Genosse [Emil. – K.L.] Unger über das Thema: „Die Volksausplünderer, ihre Helfershelfer und deren wohlberechnete Volksfreundlichkeit vor der Reichstagswahl“. In der Diskussion meldete sich ein Gegner zum Wort, welcher dem Referenten acht Fragen vorlegte. Jede Frage beantwortete Genosse Unger in längerer Ausführung, weshalb sich die imposante Versammlung bis Mitternacht hinzog. Die Stimmung der Versammlungsteilnehmer war eine gute und gibt zu den besten Hoffnungen Anlaß.“ | Vorwärts, 09.01.1912, S. 10 |
„In einer von konservativer Seite nach Zossen einberufenen Wählerversammlung, die zum guten Teile von unseren Genossen besucht war, stellte sich der Kandidat des Kreises, Herr March, vor. In seinem Referate, das er von Anfang bis Ende ablas, bezeichnete er sich als ein unbeschriebenes politisches Blatt, verteidigte die Stellung der Konservativen bei der Finanzreform und zum Zentrum, verlangte Verstärkung von Heer und Flotte und bekannte sich als Feind des Reichstagswahlrechts sowie als Freund von Zöllen jeder Art und dem Mittelstand zu Liebe als Feind der Warenhäuser. Genosse Wuschick-Berlin zerpflückte die Rede, so weit dies bei der beschränkten Redezeit möglich war und Genosse Lies ergänzte die Ausführungen, wobei er mit der hiesigen Klerisei in Konflikt kam. Ein christlichsozialer „Arbeiter“ zog mit Terrorismusmärchen gegen die Sozialdemokratie zu Felde und erklärte sich mit dem Referenten vollständig einverstanden. Auch diesen Herren knöpfte sich Genosse Muschick noch einmal vor, und wies nach, daß alle Verdächtigungen der Sozialdemokratie bis jetzt einer Kritik nicht standgehalten hätten. Zur persönlichen Bemerkung erhielt unser Redner das Wort nicht mehr und wurde die Versammlung dann schnell geschlossen. Trotz der gegnerischen Provokationen ließen sich unsere Genossen nicht zu Unbesonnenheiten hinreißen und bewahrten eine ausgezeichnete Disziplin. Sie werden alles daransetzen, daß das „unbeschriebene politische Blatt“ die Sorgen eines Reichstagsmandats nicht auf sich zu nehmen braucht und es am Abend des 12. Januar heißt: Gewählt ist der langjährige bewährte Vertreter des Kreises Genosse Fritz Zubeil.“ | Vorwärts, 10.01.1912, S. 7 | |
12. Januar | Reichstagswahlen In Zossen erhalten in der Hauptwahl die Konservativen 248 Stimmen, die Antisemiten 23, die Freisinnigen 211, die Demokraten 23 und die SPD 382 Stimmen. Da Zubeil (SPD) bereits in der Hauptwahl die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht ist eine Stichwahl nicht nötig. |
Robert Frank: Der Brandenburger als Reichstagswähler, Berlin 1934, S. 130 Fn. 3 |
Der Zossener Ortsverband der Sattler hat 13 Mitglieder. | Sattler- und Portefeuiller-Zeitung, 16.02.1912, S 47 | |
14. März | Dabendorf. Die Sozialdemokraten Rudolf Lau (dritte Klasse) und August Schulze (zweite Klasse kommen in die Stichwahl der Gemeinderatswahlen. Dort gewinnt Rudolf Lau mit 35 gegen 26 Stimmen. August Schulze unterliegt mit 9 gegen 11 Stimmen. | Vorwärts, 13.03.1912, S. 13 Vorwärts, 20.03.1912, S. 17 |
17. April | "Todesanzeige: Verband der Litographen, Steindrucker u. Verwandter Berufe... Am 17. April verstarb unser Mitglied, der Lithograph Max Günther im Alter von 22 Jahren an der Lungenschwindsucht. Ehre seinem Andenken! Die Beerdigung findet am Sonntag, den 21. April, nachmittags 3 ½ Uhr, von der Leichenhalle des Friedhofes in Zossen aus statt. Rege Beteiligung wird erwartet." |
Vorwärts, 20.04.1912, S. 12 |
1. Mai | „Allgemeines Aufsehen erregte bei der Zossener Bevölkerung der Demonstrationsspaziergang unserer Genossen, der sich vom Restaurant Flora aus durch die Stadt erstreckte. Die Zahl der Teilnehmer war eine derartig große, daß man fürchtete, der Saal des Festlokals in der Baruther Straße werde die Menge der Anmarschierenden nicht fassen. Zossen hat seine solche Demonstration noch nicht gesehen. Glücklicherweise gelang es, alle Erschienenen, wenn auch unter erschwerenden Umständen, unterzubringen. Für die Enge des Raumes entschädigte das wirklich hübsche Programm. Die Festrede hielt Genosse Paul John-Berlin.“ | Vorwärts, 03.05.1912, S. 7 |
18. Mai | „Zossen. Vor zirka 400 Personen sprach am Sonnabend Landtagsabgeordneter Adolf Hoffmann über „Kirche, Schule und Staat“. In treffenden Worten wies der Referent den Unterschied des Unterrichts in den Volksschulen und den höheren Schulen sowie die Tatsache nach, daß die Religion von den herrschenden Klassen und von der regierung nur benutzt wird, um die unteren Volksschichten in geistiger Knechtschaft zu erhalten. Der Tosende Beifall der Zuhörer bewies, daß sie mit dem Gehörten einverstanden waren. Einen Diskussionsredner vom hiesigen christlichen Jünglingsverein fertigte Genosse Hoffmann nach Gebühr ab; hoffentlich ist die hiesige Geistlichkeit das nächste Mal selbst zur Stelle, denn bis jetzt ist dieselbe unter allerlei Ausreden unseren Versammlungen ferngeblieben. Zum zweiten Punkt sprach der Geschäftsführer der Berliner Freireligiösen Gemeine, Genosse Harndt, über „Zweck und Ziele der Freireligiösen Gemeinden“. Der Erfolg des Abends war, daß sich eine Anzahl Versammlungsteilnehmerzum Beitritt der hiesigen Ortsgruppe der Freireligiösen Gemeinde von Groß-Berlin meldeten. Auch ihren Austritt aus der Landeskirche beantragte eine Anzahl Männer und Frauen. Auskünfte über Kirchenaustritt erteilen jederzeit die Genossen Richard Seidel, Stubenrauchstr. 96, und Reinhold Tschersich, Bahnhofstr. 26, wo auch Formulare jeder Art zu haben sind.“ |
Vorwärts, 21.05.1912, S. 18 |
1. August | „Generalversammlung des Wahlvereins. Nach erfolgter Aufnahme von drei Mitgliedern erstattete der Vorsitzende Saupe den Jahresbericht. Die Mitgliederzahl ist von 167 (28 weibl.) auf 193 (32 weibl.) gestiegen; hiervon entfallen auf die umliegenden Ortschaften: Klausdorf 11, Neuendorf 7, Schöneiche 2 Mitglieder. „Vorwärts“-Abonnenten sind 90, der „Brandenburger Zeitung“ 11, anderer Parteizeitungen 5 vorhanden. Bemängelt wurde von verschiedenen Genossen, daß die gelesenen Zeitungen wenige oder gar keine Informationen über örtliche Angelegenheiten enthalten; hierin solleine Änderung geschaffen werden. – 6 Volksversammlungen dienten der Agitation, außerdem 2 Flugblattverbreitungen. – Leider verloren wir bei den am Ende des Jahres 1911 stattgefundenen Stadtverordnetenwahlen 2 bvereits innegehabte Mandate. Die hiesigen Industriemagnaten haben durch unerhörten Terrorismus , das obligate Freibier usw., einen Teil der Arbeiterschaft zum Verrat zu bewegen gewußt. Diesen getreuen Schäfchen erden wohl auch noch die Augen aufgehen. – Für die Bibliothek wurden 30 M. zu Neuanschaffungen bewilligt. Die Entleihung von Bücher erfolgt jeden Mittwoch von 8 bis 9 Uhr abends. – Zwei Ausschlußanträge wurden abgelehnt. – Reges Interess fand der neueingerichtete Frauen-Leseabend. – Die Neuwahlen hatten folgendes Resultat: 1. Vorsitzender: Saupe, 2.: Hering; Kassierer: Trelbin; Schriftführer und Bibliothekar: Wegener; Beisitzerin: Frau Kitzler. – Sodann wurde der Vorstand beauftragt, eine petition für die Aufhebung des für hier noch immer bestehenden Bürgergeldes auszuarbeoiten. Eine möglichst große Anzahl Bürger soll zur Unterzeichnung gewonnen werden.“ |
Vorwärts, 04.08.1912, S. 14 |
„Das Gewerkschaftskartell hatte eine Versammlung sämtlicher hiesiger Krankenkassenmitglieder (auch Arbeitgeber) einberufen. Als Referent war der Vorsitzende des Verbandes der Ortskrankenkassen Deutschlands, Landtagsabgeordneter Fräßdorf-Dresden gewonnen. In klarer, sachlicher Weise erläuterte er die wesentlichen Veränderungen, die mit der neuen Reichsversicherungsordnung eintreten. Die Erörterung der lokalen Krankenkassenverhältnisse führte zu dem Ergebnis, daß der Vorstand der Krankenkasse „Aeskulap“ (die bedeutendste am Orte) ersucht wurde, darauf hinzuwirken, daß zwei außerdem bestehende Kassen mit ersterer zusammengeschlossen werden. Bemerkt sei noch, daß von den Arbeitgebenr nicht ein einziger erschienen war.“ | Vorwärts, 04.08.1912, S. 14 | |
3. September | „Die Protestversammlung gegen die Fleischteuerung wies einen starken Besuch auf. Der Referent, Genosse [Max. – K.L.] Groger-Neukölln, kritisierte scharf unsere heutige volksfeindliche Wirtschaftspolitik. Zum Schluß forderte Redner auf, mit reger Aufmerksamkeit den Vorgängen im politischen leben zu folgen; der wirksamste Protest des Einzelnen sei der Anschluß an die Sozialdemokratie, der einzigen für Besserung der Existenzverhältnisse der arbeitenden Klasse kämpfenden Partei.“ | Vorwärts, 07.09.1912, S. 14 |
„Zossen. Eine Teuerungsdebatte gab es in der letzten Stadtverordnetenversammlung. Die kürzlich bei Kurzner tagende öffentliche Protestversammlung hatte die Absendung einer Petition an das Stadtverordnetenkollegium beschlossen, in welcher inhaltlich dieselben Maßnahmen gegen die Teuerung verlangt werden, wie in denjenigen, die bereits in Berlin und einer Reihe Kommunen Gegenstand eingehender Beratungen waren. In der Diskussion hierüber bemerkte Herr Malermeister Firk, Vertreter der dritten Klasse, daß eine Teuerung zwar bestehe, nur sei sie zu mildern, wenn die Frauen der Arbeiter mehr Interesse für die Landwirtschaft hätten. Herr Schneidermeister Stark, gleichfalls Vertreter der dritten Klasse, blies in das selbe Horn seines Vorredners, nur betonte er noch, daß sich die Arbeiter doch Vieh halten sollten, dann wäre jeder Notstand beseitigt. Sich an den Reichstag oder Bundesrat zu wenden, halte er nicht für angebracht. Herr Ackerbürger Präger, Vertreter der dritten Klasse, meinte, bei der Teuerung im vorigen Jahr sei er das Karnickel gewesen. Man habe ihm in einer öffentlichen Versammlung den Vorwurf gemacht, er gebe seinen Leuten Musstullen. Er kenne fleißige und strebsamme Arbeiter, deren Frauen bei sieben Kindern noch auf Arbeit gehen und ein Schwein füttern. Selbstverständlich müsse zur Linderung der Teuerung etwas getan werden. Herr Maurermeister Selz, Vertreter der zweiten Klasse, gab den Rat, man solle sich beim Verbrauch von Fleisch einschränken, wie er das bereits tut. Die Aufhebung des Lebensmittelzolles bedeute den Ruin unseres heutigen Wirtschaftslebens.. – Das Magistratsmitglied Schwitzke meinte, das teure Dienstpersonal in der Landwirtschaft sei viel schuld daran, daß die landwirtschaftlichen Produkte so in die Höhe gingen. – Nur Herr Schlosser Neumann, auch ein Vertreter der dritten klasse, der mit Unterstützung des christlichen Volksvereins in das Stadtparlament gewählt wurde, gab die volle Berechtigung der Petition zu; er glaubt noch eine Milderung des Notstandes darin zu erblicken, daß man eine Parzellierung städtischen Bodens vornehme und den minder bemittelten Schichten zur Bebauung abgebe. – Der Bürgermeister Dr. Wirth empfahl wiederum den Verkauf von Seefischen. – Damit war die Beratung über die Petition erledigt. Durch kräftiges Schlußrufen wurde sogar eine Abstimmung über die Petition verhindert. Bemerkt sei, daß diese Sitzung ausnahmsweise vormittags angesetzt war, wohl zu dem Zwecke, um die Arbeiterschaft vom Sitzungssaale fernzuhalten. Trotz alledem wird die Zossener Arbeiterschaft von dieser Komödie Kenntnis erhalten. Der ganze Verlauf der Verhandlung zeigt uns, daß bei den Vertretern der Stadt noch nicht das bescheidenste Maß sozialer Einsicht anzutreffen ist.“ | Vorwärts, 10.09.1912, S. 10 | |
„Achtung Töpfer, Werkstubenarbeiter! Die Firma Waldemar Lorenz in Zossen bei Berlin hat ihren sämtlichen Formern gekündigt mit der Motivierung, sie sei dazu durch die schlechten Brände in letzter Zeit gezwungen. Uns will jedoch scheinen, daß hier andere Gründe vorliegen. Lorenz betreibt seit einiger Zeit die Fabrikation von Chamottekachelzeug. Er hat aus allen Gegenden Former herangezogen. Da verschiedene Mißstände in der Fabrik bestanden, mußte vor einiger Zeit ein Verbandsvertreter zwecks Abstellung der Mißstände bei Lorenz vorstellig werden, worüber letzterer sehr ungehalten war. Um nun für die Zukunft verschiedenen Mißständen vorzubeugen und weil auch die bisher bezahlten Preise mit den jetzigen teueren Verhältnissen im allgemeinen und denen in Zossen im besonderen nicht in Einklang zu bringen sind, wurde Lorenz ein Lohntarif zwecks Anerkennung unterbreitet. Am Abend des Tages, an dem Lrenz den Tarif zugestellt erhielt, kündigte er seinen sämtlichen Formern. Wir müssen also annehmen, daß der Grund der Kündigung darin zu suchen ist, daß die Kollegen Forderungen gestellt haben. Lorenz wird nun mit allen Mitteln versuchen, andere Former heranzuziehen. Wir ersuchen alle Kollegen, Arbeitsangebote von Lorenz vorläufig nicht anzunehmen. Ebenso bitten wir die Arbeiterpresse um Abdruck dieser Notiz. Filiale Groß-Berlin des Zentralverbandes der Töpfer Deutschlands.“ |
Vorwärts, 14.09.1912, S. 4 | |
21. September | „Zossen. Das vieraktige Drama „Zapfenstreich“ von Beyerlein1 gelangt am Sonnabend, den 21. September, aus Anlaß der von der Freien Turnerschaft veranstalteten Rekrutenabschiedsfeier im Lokale von Kuzner zur Aufführung. Da die Ausgestaltung der Feier sich zweifellos über das übliche Niveau erhebt und bedeutende Kosten und Mühen erfordert, wird die Zossener Arbeiterschaft um zahlreiche Beteiligung ersucht. Anfang 8 Uhr.“ | Vorwärts, 20.09.1912, S. 18 |
„Zossen. Tödlich verunglückt ist der in der Internationalen Schlafwagenfabrik beschäftigt gewesene Arbeiter Hermann Fangk. Als derselbe auf dem Dache eines Schlafwagens mit Streichen beschäftigt war, glitt er plötzlich aus und stürzte rücklings so unglücklich herunter, daß er das Rückgrat brach. Kurz nach der Einlieferung in das Mittenwalder Krankenhaus verstarb der Verunglückte. Fangk hatte sich erst vor kurzem verheiratet.“ | Vorwärts, 14.11.1912, S. 15 | |
16. November | „Am Sonnabend, den 16. November, feiert der Gesangverein „Freie Sänger“ im Lokal des Herrn Scherber (früher Kurzner) sein 10. Stiftungsfest. Außer Gesangsvorträgen wird der dreiaktige Schwank „Charleys Tante“, von Mitgliedern gespielt, gegeben. Die Zossener Arbeiterschaft wird ersucht, diese Festlichkeit zu besuchen.“ | Vorwärts, 14.11.1912, S. 15 |
„Zossen. Die letzte Rettung. Vor etwa fünf Wochen wurde die hiesige Schützengilde von einem bösen Schicksal heimgesucht. Der Ökonom des Schützenhauses war bei Nacht und Nebel verschwunden. Die Einsamkeit in diesem Lokal schien ihm wohl zur Qual geworden zu sein, denn die Schützenbrüder frequentierten alle anderen Lokale, nur nicht ihr eigenes. Obwohl dieses Lokal für die organisierte Arbeiterschaft zum persönlichen Verkehr frei war, konnte man die Arbeiter nur ganz vereinzelt dort antreffen. Politische Versammlungen dürfen laut Statut der Gilde im Schützenhaus nicht stattfinden. Es kam nun überrascht, wie man erfuhr, der Schützenvorstand sei zu dem Entschluß gekommen, die Bewirtschaftung dem Pächter des sozialdemokratischen Parteilokals Herrn Paul Kurzner zu vergeben, der sofort einging und den Pachtvertrag mit dem Besitzer, seinem Schwiegervater, löste. Im „Zossener Landboten“ erschien nun eine Notiz: „Dem Restaurateur Paul Kurzner ist die Bewirtschaftung des „Schützenhauses „ übergeben worden; man hofft, daß man in diesem eine glückliche Wahl getroffen hat.“ Dann schließt sich ein Appell an die Schützenbrüder an: mehr als bisher den Wirt durch Besuch zu unterstützen. Wir würden diese Sache beiseite legen, wenn nicht hinter dieser die Spekulation auf Arbeiterbesuch beabsichtigt wäre. Zwei Tage nach seinem Antritt als Schützenhauswirt erklärte Herr Paul Kurzner seinen Austritt aus der Partei. Die Zossener Arbeiterschaft wird auch fürderhin nur solche Lokale frquentieren, die ihr zum Austausch einer freien Meinung öffentlich zur Verfügung stehen.“ | Vorwärts, 18.11.1912, S. 4 | |
29. November | „Gau 1. Der mit der Firma Berliner Buch- und Kunstdruckerei in Zossen abgeschlossene Tarif verliert mit dem 31. Dezember seine Gültigkeit. Es galt daher in einer am 29. November stattgefundenen Versammlung über die Kündigung zu befinden, bzw. über die Gestaltung eines neuen Tarifs zu beraten. Kollege Lemser vom Gauvorstand hatte hierzu das Referat übernommen. Er erledigte sich seiner Aufgabe unter Zustimmung der Anwesenden. Beschlossen wurde, den Tarif zu kündigen und die Minimallöhne zu erhöhen, ebenso die Anerkennung der Akkordsätze des Dreistädtetarifs durchzusetzen. Mit der Durchführung dieser Forderungen wurde der Gauvorstand beauftragt, welcher in einer späteren Versammlung über die Ergebnisse der Verhandlungen Bericht erstatten soll.“ | Buchbinder-Zeitung, 21.12.1912, S. 411 |
12. Dezember | „Zossen. Am Donnerstag, den 12. Dezember, findet im Lokale des Herrn Scherler, Baruther Straße, gemeinschaftlicher Leseabend statt. Tagesordnung: Wie schützen wir unsere Kinder vor Ausbeutung? Referentin Frau Siedel-Neukölln.“ | Vorwärts, 12.12.1912, S. 7 |
25. Dezember | „Zossen. Der Jugendausschuss veranstaltet am ersten Weihnachtsfeiertag, abends 6 ½ Uhr, im Lokal des Herrn Scherler eine Weihnachtsfeier, bestehend aus Zitherkonzert des Zitherklubs „Edelweiß“ unter Leitung seines Dirigenten Herrn Stahlberg-Potsdam, Theater und Ball. Es wird auf regen Besuch dieser Veranstaltung gerechnet.“ | Vorwärts, 24.12.1912, S. 11 |
„Zossen. Welche Früchte der Jungdeutschlandbund zeitigt, erhellt wieder einmal aus folgendem Vorfall. Der 12jährige Schüler F., der eifrig an den Kriegsspielen des Jungdeutschlandbundes teilnimmt, kaufte sich für einige Mark, die er für Semmelaustragen erhalten, ohne Wissen der Eltern eine Luftbüchse. Am zweiten Weihnachtsfeiertag unternahm nun der Knabe im Beisein anderer Kinder Schießübungen; hierbei traf er den vier Jahre alten Knaben des Arbeiters Splettstößer so unglücklich über dem Auge, daß sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. Der Vorfall zeigt nur erneut, daß die Arbeiterklasse den sich jetzt breitmachenden Bestrebungen, bereits die Schulkinder mit einer gewissen Rauf- und Schießlust zu erfüllen, nicht eindringlich genug entgegentreten kann.“ | Vorwärts, 29.12.1912, S. 14 | |
28. Dezember | „Die Kolleginnen und der Berliner Kunst- und Buchdruckerei in Zossen waren am 28. Dezember vollzählig versammelt, um den Bericht des Gauvorstandes über die Verhandlungen mit der Firma über den Abschluß eines neuen Tarifs entgegenzunehmen. Kollege Lemser schilderte eingehend den mit der Firma geführten Schriftwechsel und empfahl die Annahme des in seinem wesentlichsten Teile nachstehend aufgeführten Tarifes, der das Endergebnis der bisher geführten schriftlichen Verhandlungen sei. Alle Redner würdigten wohl das Entgegenkommen der Firma, glaubten aber dennoch, daß unter der jetzigen Gestaltung des Tarifes eine einjährige Gültigkeitsdauer wohl am Platze sei. Es soll daher versucht werden, dieserhalb mit der Firma nochmals in Verbindung zu treten. Kollege Lemser ermahnte die Anwesenden, stets treue und eifrige Mitglieder zu bleiben, denn nur dann sei es möglich, daß diesen Wünschen durch die Organisationsleitung Rechnung getragen werden könne. Der Tarif besagt: Die Arbeitszeit ist die gleiche wie in der Druckereiabteilung. Der Minimallohn beträgt für Buchbinder (Tischarbeiter) 27 Mk., für Beschneider 29,50 Mk., für Arbeiterinnen unter 16 Jahre Anfangslohn 8 Mk., steigend pro Vierteljahr um 50 Pf. bis 15 Mk., für Arbeiterinnen über 16 Jahre Anfangslohn 8,50 Mk., steigend pro Vierteljahr um 50 Pf. bis 16 Mk. Akkordarbeiten werden nach den Bestimmungen des Dreistädtetarifs (Berliner Ausgabe) bezahlt. Für Überstunden wird folgender Aufschlag auf den üblichen Lohn gezahlt: Für Gehilfen die ersten beiden Stunden je 15 Pf., für jede weitere sowie Sonntagsarbeit je 25 Pf., für Arbeiterinnen die ersten beiden Stunden je 10 Pf., für jede weitere sowie Sonntagsarbeit je 15 Pf. Gesetzliche sowie vom Geschäft angeordnete Feiertage werden bezahlt, ebenso die Zeitversäumnis (bis zu 2 Stunden), welche durch Wahrnehmung staatlicher und kommunaler Pflichten entsteht. Der Tarif gilt vom 1. Januar 1913 bis 31. Dezember 1914.“ |
Buchbinder-Zeitung, 05.01.1913, S. 14 |
31. Dezember | Der Zweigverein Zossen des Deutschen Metallarbeiterverbandes hat 49 Mitglieder. Der Maurerverband hat in Zossen 120 Mitglieder. | Metallarbeiter-Zeitung, 05.04.1913, S. 114 Grundstein, 05.04.1913, S. 158 |